Fallbeispiel Systemische Aufstellung / Verdeckte Systemaufstellung: Ein Leben ohne Drama
Ein Klient kommt zu mir, weil sich in seinem Leben oft das Drama zeigt. Gerade in Momenten, wenn eigentlich alles gut ist, sie sich wohl und sicher fühlt. Dann dauert es nicht lange und das Drama beginnt im Kopf.
Zum Glück nur noch im Kopf. Circa 4 Monate vorher schauten wir bereits mit einer Aufstellung hin und es zeigte sich folgende unbewusste Dynamik:
Kleiner Exkurs zur Aufstellung 4 Monate zuvor:
Der Klient hatte eine unbewusste Angst vor wichtigen Entscheidungen. Das betraf hauptsächlich Entscheidungen, die Auswirkungen auf andere Menschen hatten und dadurch unangenehm gewesen wären. Denn Entscheidungen treffen bedeutet, auch die Verantwortung dafür zu tragen. Die Verantwortung dafür, dass Entscheidungen Konsequenzen haben. Das sie Auswirkungen haben und womöglich den Menschen im Umfeld diese Entscheidungen nicht gefallen. Und die Menschen im Umfeld, dann Wut oder Trauer erleben und genau diese unangenehmen Gefühle des Gegenüber, gilt es dann auszuhalten und weiterhin „zu sich und seiner Entscheidung“ zu stehen.
Damit der Klient, sich vor den unangenehmen Gefühlen drücken konnte, machte er so lange Drama, bis sich die anderen Personen von selbst entschieden und somit die Verantwortung für die Entscheidung trugen und nicht der Klient sich entscheiden musste. Nur damit er die Verantwortung nicht übernehmen musste, dass es nun ggf. der anderen Person schlecht geht. Weil sie sich ja entschieden hat und nicht der Klient. Die Lösung ist dann keine Verantwortung zu tragen und ein besseres Gefühl, da sich der Klient für die Gefühle des Gegenübers nicht schuldig fühlte. Der Preis ist aber ständiges Drama zu kreieren und zu verstärken, bis die andere Person sich endlich entscheidet, in der Hoffnung, dass die Entscheidung so ausfällt, wie es sich der Klient wünschte.
Wenn man da mal rein fühlt, fühlt es sich nach viel Stress an.
Als der Klient in der Aufstellung erkannte, dass er das Drama nur kreiert hatte, um die Verantwortung nicht tragen müssen, konnte es sich lösen. Der Klient erkannte, dass er für sein Leben die Verantwortung trägt und sich selber entscheiden muss mit allen Konsequenzen.
Es ging darum, sich nicht für die Gefühle der anderen schuldig zu fühlen und unangenehmes lernen auszuhalten, um seinen Weg im Leben zu gehen.
Zurück zur jetzigen Aufstellung:
Ich frage, was wäre, wenn alles gut wäre?
Sehr schnell und sogar lachend kam die Antwort: Dann wäre es langweilig!
Wenn das Leben langweilig ist ohne Drama, dann wundert es mich nicht, dass man gerne ein Drama um sich herum hat. Was man sich stets und ständig unbewusst wünscht (manifestiert), kommt bekanntlich auch ins Leben.
Wir stellten verdeckt auf.
Der Klient stand erstmal allein im Feld und ich fragte, wie es ihm geht. Es ging ihm gut, er strahlte und es war schön. Diese Emotionen wurden oberflächlich wahrgenommen. Dann wäre eigentlich alles gut und wir wären schon fertig.
Doch so einfach ist es natürlich nicht. Ich fragte weiter: Was ist noch da? Und siehe an, da ist noch ein Gefühl. Und hatten sich Selbstzweifel darunter versteckt.
Wir schauten hin, was es mit den Selbstzweifeln auf sich hat. Es zeigte sich, dass sich der Klient von den Selbstzweifeln wünscht gesehen zu werden. Er wünschte sich Nähe zu den Selbstzweifeln. Und genau das sind deutliche Anzeichen, dass es um was anderes geht. Um wen geht es wirklich? Von wem fühlt sich der Klient nicht angenommen, so das ständig Selbstzweifel da sind?
Ich nahm als verdecken Stein die Mutter mit rein und prompt zeigte sich, dass sie die Selbstzweifel mit der Mutter zusammen hingen. Es ist anscheinend ein Muster, das sich in der mütterlichen Ahnenlinie geprägt hatte und unbewusst immer weiter gegeben wurde. Nun galt es tiefer zu graben und zu schauen, was steckte dahinter.
Wir schauten weiter hin und es zeigte sich, dass wenn die Person Selbstzweifel hat, dann fühlt sie sich sicher. Welches Paradox? Aber genau dies gilt es zu lösen. Immer weiter schauten wir tiefer ins Unterbewusste und es zeigte sich, dass wenn die Person sich sicher fühlt, dann kann sie auf die eigene Intuition vertrauen, danach handeln und weiß, dass alles richtig ist, so wie es ist.
Dann kann sie dies sogar ganz klar und deutlich das Geschehen um sich herum wahrnehmen und fühlen.
Wird dies der Person klar, kommt Entspannung ins System und den Körper.
Das heißt, die Selbstzweifel hatten bisher den Nutzen, dass die Person immer das eigene System auf einer gewissen Spannung gehalten hat, um klar und wach zu sein. Denn als Glaubenssatz war hinterlegt, wenn sie entspannt ist, ist sie nicht klar und wach und somit in Unsicherheit. Das erzeugt auf Dauer aber ganz schön Stress und wer kann dann mit Leichtigkeit entspannen?
Doch die Entspannung war erst mal sehr nüchtern. Oder um es in den Bezug zum Ausgang zu setzen, das Nüchterne wirkte verdammt „fad“ und „langweilig“.
Die Nüchternheit wirkte somit erstmal negativ und flach. Es kam der Gedanke auf, das will ich nicht haben. Und genau dieser Gedanke und die Angst, es könnte dann langweilig sein, ist mit eine Ursache, warum man ständig unbewusst bemüht ist, das nicht zu haben.
Lieber habe ich die Tiefen, dann fühle ich auch die Höhen. Dann fühlt es sich an wie „das Leben wirklich fühlen“.
Doch kann ich wirklich das Leben richtig fühlen, wenn ich nur die extremem Seiten, die Drama-Seiten kenne? Ist das das richtige Leben?
Wir schauten weiter hin. Was ist gut, wenn man „nüchtern ist“?
Das heißt nicht ständig betäubt von Dramen und extremen Gefühlssituationen.
Da kannst du dir die Frage erstmal selber beantworten: Was ist gut am nüchtern sein. Was ist der Nutzen daran, nüchtern zu sein? Wir brauchen dabei nur an eine alkoholisierte Person zu denken oder an Momente, wenn wir selber alkoholisiert waren. Was war gut daran, am nächsten Tag wieder nüchtern zu sein?
In der Nüchternheit liegt:
- Wach sein, wachsam sein,
- Klar sein, Klarheit spüren und fühlen,
- Die Gefühle klarer oder klar wahrnehmen.
Das heißt auch immer besser wahrzunehmen und zu erkennen was sind meine Gefühle und was die der anderen. Was wünsche ich mir für mein Leben, was ist gut für mich und was nicht? Was triggert mich?
Wenn ich dagegen alkoholisiert und benebelt bin, bekomme ich nicht alles mit. Verstehe Dinge falsch, bin berauscht und dadurch womöglich schneller getriggert, weil ich was falsch verstanden habe.
Genauso so verhält es sich, wenn ich oft und ständig im Drama bin.
Passend zur der Lösung ist mir am selben Tag noch folgender Absatz über den Weg gelaufen:
„Steig einfach aus, werde wacher. Sieh zu, dass du dich einzig und allein nur hierauf zentrierst – nur dies eine im Blick hast – nämlich Wachheit, Bewusstheit.
Tu, was immer du tust, aber tu’s bewusst. Und nach und nach steigert sich dein Bewusstsein und wird zu einem Sammelbecken von Energie.“ Zitat: ENA
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